Haben Wookies wirklich Zähne am Popo?
Es war eine ganz gute Woche für Superheld*innen-Content. Ein offizielles Bild des Batgirl-Kostüms sorgte für eine erneute Diskussion über Camp und der neuste Trailer zur Disney+-Serie Moon Knight hat einige dazu gebracht, ältere Comic-Panels und ihre eigenen beeindruckenden Illustrationen zu teilen. Was mich aber besonders beschäftigt hat (abgesehen von der Tatsache, dass ich nach einer hitzigen Twitterdebatte das Bild von einem pupsenden Silver Surfer nicht mehr aus meinem Kopf bekomme), ist das Konzept Canon.
Canon bezeichnet im Popkulturkontext alles, was Teil einer bestimmten fiktiven Realität ist. Han Solo und Darth Vader gehören zum Beispiel unumstritten zum Star Wars-Canon. Andere Charaktere, die bisher nur in Büchern aufgetreten sind, gehören teilweise nicht zum Canon. Es ist alles ein wenig verwirrend. Mit dem deutschen Begriff Kanon hat Canon eigentlich nur gemein, dass es bei beiden permanenten Streit darüber gibt, was nun dazu gehört und was nicht.
In letzter Zeit hat die neue Serie Peacemaker (Spin-Off von The Suicide Squad) auf mehreren Ebenen das Thema Canon aufgegriffen. Nachdem dort die Figuren Bat-Mite und Doll Man kurz erwähnt wurden, postete Regisseur James Gunn auf Instagram ein Bild von ersterem und versah es mit einem einzigen Wort: Canon. Der offizielle Account von DC Comics tweetete ähnlich über Doll Man. In einer Szene der zweiten Folge behauptet Peacemaker, dass die Star-Wars-Spezies Wookies Zähne an ihrem Hintern hätten. „That‘s Canon“, fügt er hinzu. Das hat offenbar mehrere dazu gebracht nach „Do wookies have teeth on their buttholes“ zu googeln.
„Canon“ verweist immer auf zwei Dinge: Komplexität und eine daraus entstandene Uneinigkeit. Die Figur Peacemaker unterlegt seine Behauptung mit dem Begriff, weil er davon ausgeht, dass jemand seine Behauptung zu Recht bestreiten wird. Bat-Mite ist ein Batman-Superfan aus einem fünfdimensionalen Paralleluniversum, den Bill Finger Ende der Fünfzigerjahre erfunden hat. Man kann nicht so recht glauben, dass er zum Film-Universum von DC gehören soll. Grund für diese Verwirrung ist schlichtweg die schiere Menge an Inhalten. Allein DC bombardiert den Markt seit 90 Jahren mit Comics, Computer- sowie Brettspielen, Serien, Spiel- und Zeichentrickfilmen, gelegentlich Novelizations dieser Produkte. Regisseur*innen, Autor*innen, Designer*innen und Illustrator*innen wechseln dabei permanent. Es gibt Multiversen, Reboots und vieles passt inhaltlich nicht zusammen. So hat Superman gleichzeitig einen Sohn (in den Comics), aber auch Zwillinge (in der Serie Superman & Lois). Marvelcharakter Peter Parker aka Spider-Man ist gleichzeitig tot und lebendig. Mal sind Figuren etwa gleich alt, mal haben sie einen deutlichen Altersunterschied.
Mein vor Kurzem erstellter Thread über die Beziehung von Constantine und King Shark hat mich selbst ein wenig überfordert. In der Kontinuität der Zeichentrickfilme (DC Animated Movie Universe) waren die beiden mal ein Paar. Der Constantine-Film von 2005 mit Keanu Reeves und The Suicide Squad von letztem Jahr, in dem King Shark auftritt, haben allerdings keinerlei Verbindung. Ist es also in der einen Realität Canon und in der anderen nicht?
Es liegt in der Natur des Gegenstands, dass es sich bei einem Großteil der Dinge nie einfach bestimmen lässt, ob es Canon ist. Ob wir uns darauf einigen werden, ob Wookies nun Zähne am Hintern haben oder nicht, steht in den Sternen.
Andere Superheld*innen-Nachrichten diese Woche:
The Batman soll vermutlich fast drei Stunden gehen
Neue Fortnite-Skins von Clint Barton und Kate Bishop aus Hawkeye
Trans-Charakter Alysia Yeoh taucht vermutlich in Batgirl auf
DC kündigt eine Mini-Comicserie als eine Art Prequel zum The Flash-Film an.
Zeichentrick-Promo für die neuste Staffel von The Boys
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Schauspieler Colin Seifert wird eventuell Tommy aus Young Avengers spielen
Superheld*innen-Contenthaufen
Das Internet war in den letzten Tagen voll mit verstörenden Neuigkeiten. Joss Whedon, Avengers und Justice League-Regisseur, hat ein Interview gegeben, das Behauptungen über ihn richtig stellen sollte. Der Artikel ist sehr lang. Hier die Highlights: Gal Gadot hat ihn nicht verstanden, weil ihr Englisch zu schlecht ist, mit seinen Mitarbeiterinnen hätte er schlafen müssen, weil sein jüngeres Ich sonst sauer auf ihn gewesen wäre und außerdem ist er einer der nettesten Showrunner, vermutlich zu nett. Szenen mit Cyborg-Darsteller Ray Fisher, mit dem er sich zerstritten hatte, sind deswegen aus Justice League geschnitten worden, weil die schauspielerische Leistung nicht genug war. All das ist natürlich vollkommen absurd. Allein letzteres lässt sich durch die Snyder-Version des Films widerlegen. Fishers Darbietung ist eine der besseren Aspekte des Films. Sowohl Gadot als auch Fisher haben bereits zu den Äußerungen Stellung bezogen.
Zu allem Überfluss dann noch dieses offizielle (!!!) Bild von Manuel Neuer als Captain America. Ich hoffe, die Person, die es erstellen musste, hat ausreichend Schmerzensgeld bekommen:
Comics, Comics, Comics
Nightwing #88
Seit Tom Taylor und Bruno Redondo die Reihe mit Heft #78 übernommen haben, spricht Twitter über kaum etwas anderes. Das liegt zum Teil an Taylors spaßigem, unkompliziertem, direktem Writing aber vermutlich vor allem an Redondos Artwork: Die dynamischen Panelgrenzen-überschreitenden Zeichnungen haben kürzlich einen Fan dazu angeregt, Ausgabe #87 als Poster zu entwerfen. Das neuste Heft konzentriert sich größtenteils auf die Beziehung zwischen den Protagonist*innen Dick Grayson (Nightwing, ehemals Robin) und Barbara Gordon (Batgirl).
She-Hulk #1
Ich hatte viel von diesem Comic erwartet. Ich mochte die Runaway-Comics der Autorin und das Cover von Jen Bartel hat mir sehr gut gefallen. Allerdings kann ich in der neuen Serie bisher keinen roten Faden finden. She-Hulk gründet mit Titania eine Art Fightclub, bekommt einen neuen Kanzleijob und zieht in das Luxusapartment von Wasp.
Moon Knight #7
Als die Comicserie im Juli rauskam, habe ich noch die „für Superheld*innencomics unüblichen ruhigen Momente“ gelobt. Die sind inzwischen deutlich weniger geworden. Stattdessen gibt es einige Twists. Der siebte Teil ist im Wesentlichen ein Thriller-Szenario mit vielen Kampfszenen und wenig „auf einer Bank sitzen und reden“.