Übermenschliche Gehirnwäsche und Selfcest
Diese Woche war vor allem von Casting-Ankündigungen geprägt: Chewing Gum- Schauspielerin Michaela Coel wurde für Black Panther 2 gecastet und The Good Place-Schauspielerin Jameela Jamil hat ihre Rolle als Titania in der She-Hulk-Serie bestätigt. Titania hat in ihrer fast vierzigjährigen Geschichte noch kein einziges geschmackvolles Kostüm gehabt. Ich bin gespannt, was Marvel Studios daraus macht. Außerdem wurde darüber berichtet, dass Loki-Regisseurin Kate Herron nicht mehr bei Staffel 2 dabei sein wird und Christopher Judge (bekannt als Synchronsprecher von Kratos aus dem Playstation 4-Spiel God of War) im neusten Update zu Marvels‘s Avengers der Figur Black Panther seine Stimme leiht, nachdem seine Familie ihn praktisch dazu gezwungen hat.
Zum The Suicide Squad-Film gab es dann noch zum Sharkweek-Trailer letzte Woche einen kleinen Making-Of-Nachtrag und die letzte Folge der siebten Staffel von The Flash wurde ausgestrahlt. Ernstgemeinte Frage: Schaut das noch wer? Mittlerweile fällt den Drehbuchschreiber*innen wohl nichts mehr ein, außer nach und nach Superkräfte an alle zu verteilen.
Mein persönliches Highlight diese Woche: eine neue Comicreihe zum Superhelden Moon Knight, die vermutlich nach vier Jahren wieder aufgegriffen wurde, um die gleichnamige Disney+-Serie zu promoten, die 2022 erscheinen soll.
Moon Knight ist im wesentlichen Marvels Version von Batman in weiß mit altägyptischen Einflüssen. Nachdem der ehemalige Söldner und Auftragsmörder Marc Spector stirbt, belebt ihn Mondgott Chons aka Khonshu wieder und gibt ihm Superkräfte. Alleinstellungsmerkmal des Helden, außer sehr viel Mondsymbole: Er hat eine multiple Persönlichkeitsstörung. Meine Hoffnung, dass das Thema psychische Gesundheit dort etwas subtiler als sonst behandelt wird, ging in dem Moment verloren, als eine Therapeutin von „Superhuman menticide“ (übermenschliche Gehirnwäsche??) spricht. Weiterlesen werde ich es trotzdem, auch wegen dem teils wirklich schönen Artwork und der für Superheld*innencomics unüblichen ruhigen Momente.
Superheld*innen-Contenthaufen
Marvel-Tikoker*innen haben eine neue Form gefunden sich gegenseitig zu erschrecken. Fantastisch. Wer in letzter Zeit Fantheorien zur Serie Loki auf der Plattform gesehen hat, ist eventuell Opfer eines rick-roll-artigen Scherzes geworden. Meistens beginnen diese Videos mit einer vermeintlich spannenden Beobachtung („Das ändert alles!“) und plötzlich taucht die wirklich unangenehme Figur Miss Minute auf. Link klicken auf eigene Gefahr: tiktok.com/ZMdgCTBcE
Ein erfreulicherer Miss Minute-Tiktok ist der von @jackgwood, in dem er sein selbstgebasteltes Hologramm des Charakters zeigt. @mrliracarrillo hat außerdem eine täuschend echte Werbung für Krokodil-Loki Crocs (Croki Crocs!) gephotoshoppt und @juliannesmovies hat BlackWidow mit einem sehr begrenzten Budget und Aufwand nachgedreht.
Hier noch ein paar Videos, die mir diese Woche Freude gemacht haben:
- Durchbrechen der vierten Wand in Marvelserien
- Was wäre, wenn Batmanbösewichte angebrachte Kritik hätten
- Loki wirft seine Haare nach hinten
- Entwicklung von Black Widow in Computerspielen
- Warum steht jede*r schwarze Superheld*in entweder dem Militär nahe oder hat
elektrische Kräfte?
- Kampfanalyse zum Loki-Finale (Achtung Spoiler)
Comics, Comics, Comics
Neben Moon Knight #1 gab es noch ein paar weitere Comicreihen, die diese Woche ihr erstes oder zumindest zweites Heft herausgegeben haben; auch abseits der „Big Two“ (DC und Marvel).
Black Hammer Reborn #2
Jeff Lemire, unter anderem Autor von Sweet Tooth (Comicvorlage für die gleichnamige Netflixserie), gibt sich alle Mühe ein Black Hammer Universe aufzubauen. Nach Black Hammer: Secret Origins und Black Hammer: Age of Doom nun auch Black Hammer: Reborn. Zweifache Mutter verprügelt in einem blutigen Abenteuer Monster mit einem Hammer und kämpft mit einer Identitätskrise. Es ist sehr gut.
Jupiters Legacy: Requiem #2
Falls irgendwer die Familienintrigen und Mystery-Aspekte der ersten Staffel von JupiterLegacy auf Netflix vermisst, der kann sich auf Heft eins und zwei von Jupiters Legacy: Requiem freuen. Das Comic ist vergleichsweise bunt und etwas chaotisch, aber trotzdem super brutal – so wie eigentlich alle Mark Millar-Comics („Kick-Ass“ und „Kingsmen“)
Supergirl Woman of Tomorrow #2
Leider schreibt Tom King aktuell gerade fast alles bei DC. Was dabei rauskommt sind dann meistens mittelmäßig geschriebene Stories. Allerdings ist Bilquis Evely und Mat Lopes Artwork bezaubernd.
Shazam #1
Eigentlich hatte ich mich auf ein Wiedersehen mit Shazam gefreut; einem Jugendlichen, der sich in einen erwachsenen Superhelden verwandeln kann. Hier ist er Schüler auf einer Hochschule für Individuen mit Superkräften und hat die Kontrolle über seine Fähigkeiten verloren. Was eine unterhaltsame Geschichte über das Erwachsenwerden hätte sein können, fühlt sich leer und bedeutungslos an.
Fan Theory & Spoilerzone
Hier ist der Ort für Fan-Theorien, was teilweise recht spoilery werden kann. Wer nichts vorweggenommen haben möchte und/oder nicht auf dem neusten Stand mit seiner aktuellen Superheld*innenserie oder -film ist, der*die möge bitte nicht weiterscrollen.
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Nach dem Finale von Loki haben Fans offensichtlich Langeweile und Redebedürfnis. Es zirkulieren Fragen wie „Ist die TVA von Loki ein ‚Black Business‘?“ und „Ist Loki eine Serie über eine weiße Frau die sich beim Manager beschweren will?“ (Antworten: „Könnte man so sehen“ und „Wenn deine komplette Realität zerstört wurde, ist eine Beschwerde vielleicht angebracht“). Was Zuschauer aber am meisten umgetrieben hat, ist der Kuss von Loki und Sylvie im Staffelfinale letzte Woche. „Ist Sex mit einer Variation von sich selbst Inzest oder Masturbation?“ Es war DAS Thema im Netz.
Und es dauerte nicht lange bis a) super grafische Fan-Fiction geschrieben wurde (Link aus offensichtlichen Gründen nicht jugendfrei) und b) sich irgendwelche Popkulturexpert*innen zu Wort meldeten. „Erstes mal beim Selfcest-Diskurs dabei? Willkommen!“ schreibt Journalistin Palmer Haasch, die im Insider über das Sylvie/Loki-Debakel geschrieben hat. Selfcest, ein Kofferwort aus Self und Incest, ist kein neues Popkulturphänomen; auch in Superheld*innencomics nicht. In Deadpool: Merc with a Mouth #7 von 2010 küsst Deadpool seine weibliche Version aus einem Paralleluniversum und Doctor Manhattan hat in Watchmen fast einen Dreier mit seiner Freundin und einem Klon. Eigentlich alles harmloser Spaß, weil ohnehin rein hypothetische Diskussion. Was dabei ärgert ist die Tatsache, dass uns Marvel Studios diese weirde Romanze untergejubelt hat, bevor wir auch nur ansatzweise eine schwule oder lesbische Liebesgeschichte bekommen haben.