Camp vs The Dark Age of Comic Books
„I am pre-angry about how darkly lit The Batman will be“, schreibt Autorin Roxane Gay auf Twitter. Ausgehend von dem Promomaterial zu dem in diesem Jahr erscheinenden Superheld*innen-Film scheint die Franchise in jeglicher Hinsicht düster zu werden. Dunkle Beleuchtung, dunkle Stimmung, dunkler Lidschatten. Batman schlägt wiederholt auf einen am Boden liegenden Menschen ein. Das neue Batmobil sieht deutlich weniger extravagant aus als sonst. Und ein neues Bild zeigt den Bösewicht Riddler in einem Ganzkörper-Fetish-Wear-Lederkostüm.
Was einige als mutigen Schritt feiern, sehen andere als einen Trend hin zu vermeintlich erwachsenem Kino, das einen wichtigen Aspekt von Superheld*innen-Geschichten vollständig ignoriert: Camp. Camp heißt in diesem Kontext so viel wie überpointiert, exaltiert, Übertreibung als ästhetisches Werkzeug und wird vor allem benutzt, um Unterhaltungsmedien zu beschreiben, die sich bewusst einem Ernsthaftigkeitsanspruch entziehen.
In seinem Newsletter Kultur & Kontroversen schreibt Johannes Franzen darüber, wie „bierernste[] HBO-Männerserien […] ihr Camp-Potential mühsam unter einer ranzigen Schicht aus Sex, Gewalt und sozialer Analyse verbergen müssen“. Er gibt eine Podcast-Folge von Sentimental Garbage wieder, die Christopher Nolans Batman-Trilogie von 2005 bis 2012 teils die Schuld für das Verschwinden von Camp gibt. Der Erfolg dieser Filmreihe habe dazu geführt, dass große Teile der Unterhaltungskultur zunehmend düster wurden. Die Helden sind meistens immer noch männlich, aber jetzt haben sie Sex, nehmen Drogen und grundsätzlich ist alles weniger beleuchtet. Kein quietschig bunter Camp oder Guilty Pleasure-TV mehr. Nur noch finster dreinschauende, betont leidende, moralisch ambivalente Figuren.
Das erklärt den aktuellen Ton des angekündigten The Batman-Films, Joker von vor ein paar Jahren und den Weg, den Warner Bros mit Man of Steele und Batman V Superman eingeschlagen hat. Sogar die eigentlich eher campy anmutenden Marvelfilme haben ein sehr zurückhaltendes Color-Grading (mit Ausnahmen).
Aber Christopher Nolan ist nicht allein Schuld am Camp-Rückgang der letzten Jahre. Camp kommt und geht in Wellen. In den ersten Batman-Strips aus den Dreißigerjahren trägt der Fledermausheld noch eine Schusswaffe. In den Vierzigern adoptiert er Robin und die Panels werden bunter. Später verschwindet Robin wieder (vermutlich wegen Vorwürfen einer schwulen Romanze zwischen den beiden) und Batman wird erneut zum einsamen Helden. Die Spielfilmserie von 1966 bis 1968 gilt bis heute als ein Paradebeispiel für Camp.
Ich vermute der Verdrängung von Camp liegt vor allem eine Mischung aus Rechtfertigungsbedürfnis und Scham zu Grunde. Menschen, die mit Superheld*innen aufgewachsen sind, haben vermutlich immer noch den Wunsch nach Ähnlichem, trauen sich aber nicht, diese vermeintlich kindischen Medien öffentlich zu genießen. Deswegen muss der Camp weg und eine düstere, brutalere Version her, die sich dezidiert an ein erwachsenes Publikum richtet.
Was aktuell bei einigen Superheld*innen-Filmen passiert, hat sich vor etwa vierzig Jahren bereits bei Superheld*innen-Comics abgespielt. Nach dem Golden Age of Comic Books in den Dreißiger- bis Vierzigerjahren und dem Silver Age in den Fünfziger- bis Siebzigerjahren folgte in den Achtzigerjahren das Bronze Age, das ab und an auch als Dark Age of Comic Books bezeichnet wird. Alan Moore und Dave Gibbons rechneten in diesem Jahrzehnt in Watchmen mit dem Superheld*innen-Genre ab, Frank Miller schrieb The Dark Knight Returns und Batman: Year One, beides Ausgangsmaterial für die Nolan-Filme. Die Achtziger und Neunziger wurden geprägt von langsam älter werdenden Männern, die fanden, Superheld*innen müssten jetzt erwachsen werden. Und erwachsen heißt in diesem Fall düster und brutal. Mittlerweile sind Comics wieder etwas bunter und haben ein durchmischtes Publikum. Batman wird vermutlich immer eine Neo-Noir-Figur sein, aber die Chancen, dass er sowohl in den Comics als auch in Film wieder ein wenig campy wird, stehen sehr gut.
Andere Superheld*innen-Nachrichten diese Woche:
Watchmen-Autorin (die TV-Serie) Stacy Osei-Kuffour wird den Blade-Film schreiben.
The Batman wird ab 13 freigegeben sein und Menschen diskutieren über R-Rated Superheld*innen-Filme.
Setfoto vom Batgirl-Film deutet auf Existenz von Robin hin.
Bilder von Tobey Maguire und Andrew Garfield, wie sie sich kostümiert in die Premiere von Spider-Man: No Way Home schleichen.
Die Wonder Girl-Comicreihe wurde eingestellt und Menschen auf Twitter sind irritiert.
Comics, Comics, Comics
Batgirls #2
Wie so oft in Superheld*innen-Comics sind verschiedene Figuren unter demselben Namen bekannt. Hawkeye steht sowohl für Clint Barton als auch für Kate Bishop. Es gibt sechs unterschiedliche Robins und mehrere Batmans. In Batgirls arbeiten alle drei Frauen, die bereits als Batgirl im Einsatz waren, zusammen: Barbara Gordon (Tochter von Polizeichef Jim Gordon), Cassandra Cain und Stephanie Brown, die auch mal Robin war. Das ist spaßig, aber auch ab und an großspurig. Hätte es den Beitrag zur Quantentheorie am Anfang von Heft 1 wirklich gebraucht?
Daredevil: Woman without Fear #1
Ich muss zugeben, dass ich nicht viel übrig habe für Femme-Fatal-Figuren. Am Ende sind sie dann doch wieder ein weiblich gelesener Charakter, der dem männlichen zu einer bestimmten Einsicht verhilft. Sehr erfreulich ist in diesem Heft, dass Elektra, die normalerweise die Femme Fatal zu Matt Murdock aka Daredevil ist, hier selbst in das Daredevilkostüm schlüpft. Matt Murdoch taucht vor allem als Sidekick und naives Love-Interest auf.
Detective Comics #1048
Neben der 1938 entstandenen Comicreihe Action Comics ist Detective Comics eine der am längsten laufenden Reihen aller Zeiten und als Namensgeber von DC auch ein wichtiger Bestandteil der Verlagstradition. Angelpunkt der Comicserie ist hierbei immer Batman und das zugehörige Universum. In diesem Heft spioniert Batwoman eine neue Klinik für Bösewichte aus, der sie unheilvolle Absichten unterstellt.
Fan Theory & Spoilerzone
Hier ist der Ort für Fan-Theorien, was teilweise recht spoilery werden kann. Wer nichts vorweggenommen haben möchte und/oder nicht auf dem neusten Stand mit seiner*ihrer aktuellen Superheld*innenserie oder -film ist, der*die möge bitte nicht weiterscrollen.
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Der neue Spider-Man-Film macht nochmal deutlich: Oscorp gibt es nicht im Marvel Cinematic Universe. Das wiederum wirft neue Fragen auf, denn in den anderen Filmreihen ist Peter Parker Spider-Man geworden, als er von einer von Oscorp genmanipulierten/radioaktiven Spinne gebissen wurde. Wie hat der aktuelle Spider-Man also seine Kräfte bekommen? Eine neue Fantheorie behauptet nun, dass die Spinne aus einem Labor von Tony Stark aka Iron Man stammt. Das würde insofern passen, als dass Stark Industry der primäre Hauptproduzent von schrägen Experimenten ist (viele davon haben Bösewichte wie Ultron hervorgebracht).