Michael Keaton hat mir das Multiversum versaut
Wer bei der Masse von Superheld*innen-Medien nicht mehr durchblickt, ist nicht allein. Und ich glaube, das Multiversum ist Schuld. Nicht ein bestimmtes Multiversum, einfach das Konzept. Um das zu erklären, muss ich etwas weiter ausholen. Ich versuche mich aber kurz zu fassen, versprochen.
2006 kam der dritte X-Men-Film raus und alle haben diesen Film gehasst. Zwei Protagonist*innen sterben recht unspektakulär und die Handlung ist unter gefühlt hundert Figuren begraben, die mal eben ins Bild schauen. Acht Jahre später wird das ganze mit einem Erzählkniff in X-Men: Days of Future Past (dt. Zukunft ist Vergangenheit) wortwörtlich ausradiert. Durch Zeitreisenblabla wird die Gegenwart so verändert, dass die zwei toten Protagonist*innen wieder leben und auch sonst scheinen die Ereignisse von X-Men 3 rückgängig gemacht worden zu sein. Ich liebte das damals. Statt Tabula rasa zu machen und neu anzufangen gab es eine umständliche aber nicht ganz unelegante erzählerische Lösung. Alte Filme wurden nicht ignoriert, sondern bewusst zur Kenntnis genommen. Nach 25 Marvel-, 12 X-Men- und 10 DC Extended Universe-Filmen plus etwaige Batman- sowie Spidermantrilogien glaub ich mittlerweile, dass die Paralleluniversen-Zeitreisen-Sache vielleicht ein Fehler war. Der ausschlaggebende Grund hierfür war ein Auftritt des mir eigentlich sympathischen Schauspielers Michael Keaton.
Letztes Wochenende war die DC Fandome, eine Online-Veranstaltung zu allem, was im Superman-Batman-Wonder-Woman-Universum so vor sich geht. Und neben einigen Sprecher*innen, die mit aufgerissen Augen „I‘m so excited, are you excited?!“ geschrien haben, gab es ein paar Trailer zu sehen. Darunter: The Batman, eine Zeichentrickserie über Haustiere mit Superkräften (gesprochen von Dwayne Johnson und Kevin Hart) und The Flash.
Ich muss zugeben, als Michael Keaton von Zukunft und Vergangenheit gesprochen hat, um kurz danach als Batman aufzutreten, hab ich innerlich mit den Augen gerollt: Keaton spielte bereits 1989 den Held im Fledermauskostüm. Im neuen The Batman-Film übernimmt Robert Pattinson die Rolle. Das heißt erstens mehrere Batmans (Batmen?) und zweitens irgendwas mit Zeitreisen. Eine Handlung, bei der mehrere unterschiedliche Universen irgendwie zu einem Multiversum verknüpft werden, scheint recht wahrscheinlich und ich hab schon jetzt keine Lust, die einzelnen Stränge auseinanderzuzerren, die uns in einem Knäuel hingeworfen werden. Das Marvel Cinematic Universe macht das schon seit einer ganzen Weile. In Avengers: Endgame gibt es Zeitreisen-Zeug und in der Loki-Serie wird die Existenz eines Multiversums, bestehend aus mehreren Universen, dann endgültig verfestigt. Der US-amerikanische Sender CW, in dem mehrere Super-Shows laufen, lässt seine Figuren auch regelmäßig in andere Universen verschwinden und in andere Zeiten reisen. Ein neuer Ausschnitt aus dem Marvelfilm Eternals deutet sogar an, dass innerhalb dieses Universums auch der DC Charakter Superman existiert, zumindest als Konzept.
Neu ist das alles nicht. Im Grunde wiederholen Kinofilme und Serien einfach das, was Superheld*innencomics schon seit den fünfziger Jahren machen. Wonder Woman reist in Heft 59 in eine „Twin World“. In Heft 123 von The Flash (The Flash of Two Worlds) trifft Barry Allan, der aktuelle Flash, auf Jay Garrick, den Flash aus den Vierzigern. Heutzutage nutzen sowohl DC als auch Marvel in den Comics sogenannte „Superevents“, um ihre Universen teilweise neu zu starten, ohne die alten Geschichten vollkommen unter den Tisch fallen zu lassen. In der Marvel-Storyline Secret Wars verbindet Beyonder (Ein Außerirdischer von beyond...nja) mehrere Welten zu einer: Battleworld. Die Geschichte ermöglicht es aus einer Vielzahl an unterschiedlichen Universen eines zu machen und beantwortet gleichzeitig häufig gestellte Fanfragen wie „Wer würde im Kampf gewinnen, Person X oder Person Y“. Auch ein Crossover von Marvel und DC gab es schon. Wer mehr darüber wissen möchte, sollte mal „Amalgam-Universe“ googeln.
Ich verstehe den Reiz von Multiversen. Freund Marcel Inhoff hat diese Woche auf Twitter einen Thread darüber geschrieben, warum er das Multiversum-Konzept so liebt. Es verbindet eine Vielzahl an Geschichten, ermöglicht es Charaktere wieder aus einem anderen Universum zu fischen, wenn sie eigentlich tot sind, lässt andere alternative Versionen von Handlungen und Figuren zu und so viel mehr. Aber gleichzeitig macht es alles sehr, sehr kompliziert. Niemand hat Comicverlagen und Filmstudios verboten, einfach ein Universum zu beenden und ein neues anzufangen. Romanreihen machen das fast immer (Sci-Fi-Krams o.ä. ausgenommen). Das hat zur Konsequenz, dass die Frage „Mit welchem Game of Thrones/Hunger Games-Buch soll ich anfangen“ deutlich einfacher zu beantworten ist als „Welches Superman-Comic soll ich als erstes lesen“ (Superman For All Seasons, glaub ich). Es gibt so viele Comics und die meisten sind irgendwie miteinander verwoben. Filme schlagen gerade den exakt gleichen Weg ein und es wird wohl eher noch komplizierter als einfacher. Ich begrüße das ein wenig (Superheld*innenkrams erklären n bisschen mein Ding), werde das Multiversum-Konzept aber vermutlich für immer hasslieben.
Hier noch kurz ein paar Superheld*innen-Nachrichten diese Woche:
- Es gibt eine neue Batman Zeichentrickserie: Batman-Caped Crusader
- Der Zeichentrickfilm Injustice zum gleichnamigen Computerspiel und Comic scheint schlecht anzukommen.
- Menschen sind sauer, weil DC NFTs verkauft
Superheld*innen-Contenthaufen
Viel zirkuliert ist diese Woche ein fanmade Trailer zur Apple TV+ Serie Ted Lasso im Stil vom neuen The Batman-Film (Spoiler für Ted Lasso Staffel 3). Einer meiner Lieblingstiktoker @moose_0 fasst alles Wichtige zum neu angekündigten She-Hulk-Comic zusammen und The Warp Zone hat sich gefragt, was Captain America wohl nach dem Avengers: Endgame-Film gemacht hat. Viel Freude hat mir auch ein sehr unterhaltsamer Text darüber gemacht, was Superman für das Klima tun könnte, statt nur ein Schild auf einer Demo hochzuhalten und dieses sehr gute Zitat von Batman-Zeichner David Mazzucchelli.
Comics, Comics, Comics
Superman: Son of Kal-El #4
Heft fünf von Son of Kal-El war letzte Woche überall in den Nachrichten, weil dort Superman seinen Freund Jay Nakamura küsst. Dabei war Heft #4 noch gar nicht erschienen. Das kam diese Woche heraus und neben einigen Twists bezüglich Jay gibt es eine Auseinandersetzung zwischen Superman und einem Diktator, der offenbar die USA angreifen darf, ohne dass es wen interessiert. Ich war etwas irritiert.
The Trial of Magneto #3
Eher negativ kam diese Woche der dritte Teil dieser X-Men-Reihe an. Es ist eine Art Superheld*innen-Krimi mit wirklich antiklimaktischem Ende. Manche Charaktere tauchen aus unergründlichen Gründen kaum auf, um dann kurz durchs Bild zu huschen, wenn es für die Handlung vollkommen unerheblich ist. Außerdem sieht Billys Frisur komisch aus…
Thor #18
Ich bin ja ein großer Fan von Throg, einem ehemaligen Profisportler, der in einen Frosch verzaubert wurde, einen Splitter von Thors Hammer aufhebt und dann zum Frog of Thunder wird. In diesem Heft begibt er sich auf die Suche nach Mjölnir, dem besagten Hammer, der gestohlen wurde. Es ist genauso quatschig wie es sich anhört und ich mochte es sehr.