Whatever Happened to the Variant Cover
Willkommen bei Fan Theory of Everything, einem Newsletter über die aktuelle Woche in Superheld*innendebatten, -gossip und Comics. Mal funny-haha, mal funny-merkwürdig, mal beides. Es ist ein Versuch, eine Schneise durch das dicht verflochtene Gestrüpp zu schlagen, das über 90 Jahre Superheld*innengeschichte hervorgebracht haben.
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Die Neunziger waren eine merkwürdige Zeit für Comics. Superman starb, wurde von mehreren Lederjacken tragenden Bad-Boys beerbt, um dann kurze Zeit später wieder aufzuerstehen. Invisible Woman von den Fantastic Four trug dieses unnötige Boob Window und Marvel meldete Konkurs an. Zu meinen Lieblingsrelikten dieser Zeit gehört mit Sicherheit die X-Men-Dosen-Pasta, passend zur damaligen Trickserie:„It's not just a meal. It's an adventure!“
Ein Merkmal dieses Comic-Jahrzehnts aus kommerziellen und ästhetischen Fehltritten sticht aber besonders ins Auge. So ziemlich jedes Heft erschien mindestens zweimal mit jeweils unterschiedlichen Covern, sogenannte Variant Cover; manche glitzerten und waren mit Stoff beklebt, andere kamen mit Sammelkarten. Auf Amazing Spider-Man #400 von 1995 prangte ein Grabstein mit einer Prägung. Allerdings war die Druckqualität so schlecht, dass nur ein großer grauer Fleck zu sehen war.
Angefangen hat das Ganze eigentlich schon 1986 mit Man of Steel #1. Supermans Rückkehr wurde mit zwei Ausgaben desselben Hefts gefeiert – einmal mit seinem Heimatplaneten Krypton im Hintergrund, einmal mit einer Nahaufnahme von seinem Emblem auf der Brust. Die Hoffnung des Verlags war, dass manche Sammler*innen sich das Comic zweimal kaufen würden. Und das funktionierte hervorragend. Eines der meistverkauften Comics ist bis heute X-Men #1 von 1991. Es hatte fünf unterschiedliche Ausgaben, vier der Cover konnte man zu einem großen Bild zusammenlegen. Händler*innen und Verlage profitierten enorm; zumindest bis 1993. Eine riesige Anzahl von Neuauflagen und eine allgemeine Marktsättigung sorgten für den finanziellen Ruin von Verlagen wie Valiant, Comico und Malibu. 1996 gab Marvel öffentlich Zahlungsunfähigkeit bekannt. Der Verkauf von Filmrechten und der Erfolg des Blade-Film verhinderte Schlimmeres. In den darauf folgenden Jahren erholte sich die Branche nur langsam von der geplatzten Spekulationsblase. An so etwas wie Variant Cover, die sich fast ausschließlich an Sammler*innen richten, wollte erstmal keiner mehr denken. Erst 2004 versuchte DC es wieder zaghaft bei einem ihrer Crisis-Events. Marvel feierte ein Jahr später mit Marvel Zombies ihr Variant-Cover-Comeback.
Heutzutage hat fast jedes Comic von DC und Marvel wieder mehrere Cover. Von Edge of the Spider-Verse #1, eines der meistverkauften Hefte im August diesen Jahres, gibt es 26 unterschiedliche Ausgaben. Häufig werden Neuauflagen für einen neuen Einband genutzt, aber oft sind die unterschiedlichen Varianten von vornherein geplant. Oft sind es namhafte Illustrator*innen, die sich an einer Figur probieren, die sie normalerweise nicht zeichnen. Dadurch, dass es bereits ein Hauptcover gibt, das den eigentlichen Zweck (auf den Inhalt verweisen) erfüllt, können die Künstler*innen auf den Variants experimentieren. Für Amazing Spider-Man #678 von 2012 illustriert Joe Quinones eine Szene aus den ersten Spider-Man-Comics der Sechzigerjahre nach. Wie damals tritt MJ – eine von Spider-Mans Love-Interests – durch die Tür und sagt: „Face it tiger, you just hit the jackpot.“ Was damals vermutlich flirty wirkte, klingt in heutigen Ohren übergriffig. Quinones macht das in seiner Zeichnung deutlich, indem er MJ mit dem Monster-Bösewicht Venom verschmilzt. Nichts davon hat mit dem Inhalt des Heftes zu tun.
Neben der Möglichkeit zu experimentieren, bieten Variant Covers ab und an auch spaßige Formen von Irritation. Auf der Pride Ausgabe von Wonder Girl #2 trägt die Protagonistin eine regenbogenfarbige Rüstung. Da zu dem Zeitpunkt niemand etwas über die Sexualität der Figur wusste, rätselten einige, ob es sich hier um eine Art Allyship handelte oder Wonder Girl gerade ein Comic Out feierte. Ein Jahr später sorgte das für die wirklich lustige Überschrift „Yara Flor, Wonder Girl Revealed As Being Interested In Men“. Shocking!
Ich frage mich regelmäßig, wie lange es Variant Covers noch geben wird. Dieses Überbleibsel aus den frühen Neunzigerjahren richtet sich primär an Print-Sammler*innen und wirkt sich meines Wissens nach gar nicht auf digitale Verkäufe aus. Es kann sehr gut sein, dass es sich für die Verlage nicht mehr lange rechnet bekannte Künstler*innen für Inhalte zu engagieren, die viele sich gern im Netz anschauen, aber wenige dazu bringt, sich wie damals mehrere Ausgaben des gleichen Hefts zu kaufen. Auch wenn ich mich kaum traue, das zuzugeben: Die Existenz von Variant Covers steht und fällt mit der Existenz einer aktiven Sammler*innenszene.
Superheld*innen-Nachrichten diese Woche:
DCEU-Chef Walter Hamada tritt zurück. Toxische Snyderfans freuen sich hämisch darüber.
MARVEL SNAP, ein digitales Sammelkarten-Spiel, launcht mit einem Promovideo, in dem Samuel L. Jackson als Nick Fury mitspielt.
Neuer Black Panther-Trailer
Harrison Ford wurde als Thunderbolt Ross gecastet.
Kritiken für Black Adam fallen durchmischt aus. Der Satz „The hierarchy of power is about to change“, der einen wichtigen Platz im Marketing des Films eingenommen hat, wird von einigen Kritiker*innen in ihren negativen Rezensionen parodiert.
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Setfotos vom She-Hulk-Finale. Außerdem: Designer Bosslogic gibt Figur aus She-Hulk eine neue Frisur (Spoiler für das Finale)
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