Repräsentation in Superheld*innen-Medien Vol. 2
Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, nicht wieder über Repräsentation zu schreiben, aber dann ist diese Woche so einiges passiert. Ein kleiner Teil von mir dachte, dass die New York Comic Con genug Inhalte abwirft, um daraus etwas zu machen. Bis auf ein paar sehr nette Cosplay-Momente ist dabei aber recht wenig superheld*innenhaftes entstanden. Große Wellen geschlagen hat dagegen ein auf Twitter und reddit zirkulierender Videoclip von Eternals.
Nach Phastos und seiner queeren Familie letzte Woche ist nun Makkari im Fokus der Fangemeinde des Film geraten. Der ursprünglich männliche Charakter aus den Comics wurde für den Film komplett neu entworfen und ist nun weiblich, POC und gehörlos. In dem Clip unterhält sie sich mit Kingo in Gebärdensprache. Wer mehr über diese neue Version von Makkari erfahren möchte, dem sei die aktuelle Comicreihe Eternals: Celestia (siehe letzter Newsletter) empfohlen.
Die eigentliche Repräsentationsbombe war aber eine Headline vom Anfang dieser Woche. „DC Comics reveals latest Superman as bisexual in new issue“ schreibt der Guardian und bebildert es mit Bildmaterial, das DC extra hierfür herausgegeben hat.
Und weil Superman eine allen bekannte Figur ist, waren diese Woche plötzlich alle Comicexpert*innen. In Deutschland schreiben Spiegel, Stern und die Berliner Zeitung darüber. Ganz Twitter hat offenbar auch eine Meinung dazu. Erzkonservative überbieten sich in geschmacklosen Anmerkungen. Ein Kommentator von Fox News lies selbst die rechtsstehende Moderatorin sprachlos als er verkündete, Batman, Superman und Spiderman sollen den Bösewicht statt Geschlechtskrankheiten einfangen. Pro-Trump Politikerin Wendy Rogers schrieb auf Twitter: „Superman loves Louis Lane. Period. Hollywood is trying to make Superman gay and he is not. Just rename the new version Thooperman so we can all know the difference and avoid seeing it.“
Folgendes dazu: Der besagte bisexuelle Superman ist Sohn von Lois Lane und Clark Kent, der Superman, den die meisten aus den Filmen und Serien kennen. An deren Beziehung hat sich nichts geändert. Allerdings übernimmt in Superman: Son of Kal-El #2 Jonathan „Jon“ Kent die Superman-Rolle seines Vaters, solange der außerirdischen Tätigkeiten nachgeht. Im selben Heft lernt dieser dann auch Journalist Jay Nakamura kennen, den er später (ausgehend von dem aktuellen Promomaterial für Teil fünf) küsst.
Mal ganz abgesehen davon, dass Wendy Rogers Superman demnach unterstellt in einem offenbar ödipalen Anfall mit seiner Mutter geschlafen zu haben, hat sie auch Lois Namen falsch geschrieben. Der Fehler ist mir auch schon passiert, ist in ihrem Fall aber natürlich besonders lustig, weil Louis ein klassisch männlicher, amerikanischer Name ist. In einem Interview mit CNN entgegenet Son of Kal-El-Autor Tom Taylor auf den Tweet, er hofft, Louis ist ein wundervoller Mann und er wird sehr glücklich mit Superman.
Comicfans scheinen allgemein gesprochen glücklich über das Comic-Out zu sein. Heft fünf der Reihe musste auf Grundlage der Vorbestellungen bereits ihre Auflage erhöhen, obwohl Teil vier erste nächste Woche erscheint. Außerdem gab es einiges an herzerwärmender Fanart und fast schwärmerische Spekulationen über neue Paarkonstellationen. Stefan Mesch hat im Deutschlandfunk Kultur länger über Jon Kent gesprochen und dabei seine Theorie geäußert, dass Jon mit Tim Drake zusammen kommen könnte, der dritte Robin, der kürzlich ebenfalls in den Comics sein Coming Out als bi hatte.
Bei all den Nachrichten fast untergegangen sind diese Woche ein Promovideo zur Serie The Boys, ein zweiter Trailer zur Hakweye-Serie und eine angekündigte Peacemaker-Comicreihe von The Boys-Autor Garth Ennis. Außerdem wurde verkündet, dass Will Poulter die Figur Adam Warlock in Guardians of the Galaxy 3 spielen wird. Letzte Woche in meinem Newsletter habe ich laut überlegt, ob Warlock der Charakter ist, den James Gunn in einem Tweet für das Guardians of the Galaxy-Weihnachtsspecial angeteasert hat. Inzwischen bin ich mir nicht mehr so sicher. Der Künstler Boss Logic hat allerdings schon Fanart zu Poulter als Warlock gemacht.
Superheld*innen-Contenthaufen
Viel Freude hat mir diese Woche eine Twitter-Diskussion darüber, wie ein X-Men-Film in den Achtzigerjahren wohl gecastet worden wäre. Am einleuchtendsten fand ich Val Kilmer als Cyclops, Geena Davis als Rogue und Arnold Schwarzenegger als Colossus. Ein paar spannende Gedanken zu den weißen Privelegien von Batman haben sich Tiktoker @lootenantmusic und @thepandaredd gemacht. Und @fujifinite hat einen ganz großartigen Thread zu Steve Harvey als Batman-Bösewicht geschrieben:
Comics, Comics, Comics
Batman 89 #3
Vielleicht weiß das der ein oder andere schon, aber in Tim Burtons erstem Batman-Film spielt Billy Dee Williams den Staatsanwalt Harvey Dent. Ursprünglich war geplant, dass Dent später zu Bösewicht Two-Face wird, was allerdings für den zweiten Teil vollständig gestrichen wurde. Im dritten Teil übernahm die Two-Face-Rolle dann Tommy Lee Jones. Die Gründe dafür sind etwas unklar. Im neusten Heft der Batman 89-Comics bekommt Williams nun allerdings rückwirkend ein wenig Gerechtigkeit. Diese Dent-Version ist eindeutig an den Schauspieler angelehnt und vollzieht den vollständigen Wandel von Held zu Bösewicht. Das Comic ist für alle Fans der alten Batman-Trilogie, die kein Problem mit allzu dick aufgetragener Nostalgie haben.
X-Men #4
Man kann durchaus etwas durcheinander kommen, bei all den X-Men-Comics. Besonderheit an dieser Reihe ist, dass Marvel für Halloween einen alten Bösewicht wiederbelebt: Nightmare ernährt sich von den negativen psychischen Energien von Menschen und sucht sie deswegen in ihren Albträumen heim. Viel oberkörperfreie Superhelden, die sich im Bett wälzen in diesem Heft.
The Unbelievable Unteen #2
In meinem zweiten Newsletter habe ich schon einmal über das Hammerverse geschrieben. Comicautor Jeff Lemire schreibt seit einiger Zeit unzählige Titel beim Verlag Dark Horse, die alle im selben Universum spielen; darunter Black Hammer: Reborn und Skulldigger + Skeleton Boy. The Unbelievable Unteen ist nun Lemires neuster Beitrag hierzu. Die Reihe ist furchtbar selbstreferenziell, wobei furchtbar hier sowohl negativ als auch positiv gemeint ist. Es beginnt mit einer Comicautorin die einer Figur aus ihren Heften begegnet. Das ist zum Teil sehr nett, aber erinnert auch an zehn Jahre alte Comicreihen wie Unwritten, bei denen man schon damals das Gefühl hatte Selbstreferenzialität sei mittlerweile ein Klischee geworden. Ein richtiger Hingucker ist dagegen das leicht retro, untergroundige Artwork von Tyler Crook. Ich wünsche mir ein Poster von wirklich jedem einzelnen Panel.