Womit anfangen? Superheld*innen-Comic-Starter-Paket
Ich hab in letzter Zeit ein paar Fragen gestellt bekommen. Weniger die üblichen „Du machst einen Newsletter zu was?!“, sondern eher in die Richtung „Mit welchen Comics fang ich am besten an?“ und „Wo informierst du dich über Superheld*innen-Medien?“. Und weil diese Woche auch nicht viel Spektakuläres passiert ist, dachte ich, ich gehe da etwas drauf ein. Achtung, es werden viele Informationen und vergleichsweise trocken.
Vorab: Ihr braucht meine Tipps eigentlich nicht. Nehmt euch ein Comic von eurer Lieblingsfigur in die Hand und fangt an zu lesen. Superheld*innengeschichten wirken zwar teils massiv unübersichtlich, aber einzelne Hefte haben auch ein Interesse daran, einsteiger*innenfreundlich zu sein (weil Geld) und wiederholen deshalb häufig vergangene Handlungen. Wenn euch unbekannte Figuren oder Events verwirren, könnt ihr sie ohne schlechtes Gewissen ignorieren oder sie auf einem der zahlreichen Fanwikis nachschlagen; für Marvel bei marvel.fandom.com, für DC bei dc.fandom.com. Wenn ihr eine ungefähre Vorstellung davon habt, was ihr lesen wollt, dann sucht im Netz nach „Best of XY Comics“. Comichändler*innen fragen ist oft auch eine gute Idee, aber die entsprechenden Läden können wenig einladend wirken; vor allem die schlecht ausgeleuchteten mit unzähligen unsortierten Kartons und 1,80 Meter großen Pappaufstellern, als hätte jemand seine Sammlung aus dem Keller in den ersten Stock getragen. Alles, was ich euch hier mitgeben kann, sind ein paar Dinge, die mir geholfen haben, mich durch die Massen an Superheld*innen-Comics, -Filmen, -Serien und -Games zu manövrieren. Dazu gehören Strategien, nach denen ich Comics auswähle und unterschiedliche Newsquellen im Netz. Die Aufzählungen sind bei weitem nicht vollständig, sondern einfach das, was ich alltäglich nutze. Wie manchen vermutlich schon aufgefallen ist, verwende ich vorwiegend Tiktok, Youtube und Twitter als meine Quellen. Jemand die*der mehr reddit und tumblr benutzt als ich, wird vermutlich eher dazu etwas sagen können. Genug drumherum geredet. Fangen wir an.
Es gibt im Wesentlich drei unterschiedliche Wege, Superheld*innen-Comics zu lesen: einzelne Hefte, Trade Paperbacks oder digital. Ich kenne persönlich wenige, die Hefte mit jeweils nur 25 Seiten kaufen. Die meisten warten darauf, dass sogenannte Trade Paperbacks (oder Trades) erscheinen, die jeweils fünf bis sechs dieser Hefte enthalten. Wenn es sich dabei um eine geschlossene Reihe handelt, sprechen manche von Graphic Novels. Dazu gibt es allerdings einige Diskussionen, die über eine reine Formatfrage hinausgehen und bei denen ich keinen Nerv habe, mich damit auseinanderzusetzen. Fragt einen anderen Comicfan, aber haltet euch vorsichtshalber einen Fluchtweg bereit.
Häufig bin ich nicht geduldig genug, auf die Trades zu warten. In dem Fall lese ich die Comics digital. Die inzwischen zu Amazon gehörende Seite Comixology hat eine recht umfangreiche Bibliothek und ist schneller als der Comicladen nebenan. Marvel hat den recht gut kuratierten Abodienst Marvel Unlimited, der ähnlich funktioniert wie Streamingdienste für Comics. Damit lässt sich hervorragend Altes nachholen. Abgesehen von exklusiv für die Plattform gefertigten Inhalte gibt es dort allerdings keine komplett neuen Hefte.
Mit welchen Comics man anfangen soll ist eine nicht ganz einfache Frage. Das hängt unter anderem sehr von Geschmack und Prioritäten ab. Wenn ich Superheld*innen Comics suche, dann meistens nach einem bestimmten Charakter, einer*einem Autor*in, den*die ich mag oder einer Storyline, von der ich gehört hatte. Als ich anfing mich für Batman zu interessieren, las ich Killing Joke von Alan Moore / Brian Bolland und Batman Year One von Frank Miller / David Mazzuchelli, weil mir das damals mehrere Best-Of-Listen empfahlen. Von dort aus entwickelte sich eine damals etwas naive Freude an allem, was Alan Moore geschrieben hat; vor allem die inzwischen verfilmten Comics Watchmen, From Hell (mit Johnny Depp…) und V for Vendetta. Frank Miller gilt mittlerweile aus politischen Gründen zu Recht als problematisch, der Batman Year One Zeichner Mazzuchelli hat aber eines meiner Lieblingscomics, Asterios Polyp, gemacht. Zu meiner ersten Storylines gehörte Secret Wars, ein sogenanntes Superevent von Marvel, das sich über mehrere Comics erstreckt. Was ich mir damals mit Hilfe von Internetquellen zusammensuchen musste, gibt es aktuell als Trade Paperback.
Heutzutage gibt es eine fast endlose Anzahl an Ressourcen, mit deren Hilfe man sich über Superheld*innen-Comics aber auch über -Serien und -Filme informieren kann. Polygon, CBR und IGN geben regelmäßig Listen für Einsteiger*innen heraus. Newsarama (gehört jetzt zu gamesradar), Bleeding Cool und Comic Alliance informieren über die neusten Entwicklungen im Superheld*innen-Genre. Auf League of Comic Geeks lese ich nach, welche Comics in der Woche erscheinen. Für alle, die sich wie ich viel über Twitter informieren, habe ich eine Liste mit meinen Lieblingsaccounts zusammengestellt. Zu den informativsten und sympathischsten Superheld*innen-Tiktok-Accounts gehören @moose_0, @jstoob, @sir_superhero, @straw_hat_goofy, @amandajustvibin, @theoriesbyt. Auf Youtube schaue ich gerne Comicexplained, Scott Niswander und Emergency Awesome.
Falls ihr noch Fragen habt, schreibt mir doch am besten unter jonas.luebkert[at]posteo.de oder auf Twitter.
Superheld*innen-Nachrichten diese Woche:
- Neues Spider-Man: No Way Home-Plakat
- Marvelfilm Eternals wird voraussichtlich wegen queeren Charakteren nicht in Saudi Arabien, Katar und Kuwait gezeigt. In China kommt er vermutlich wegen Regisseurin Chloé Zhao nicht in die Kinos. In einem Artikel von 2013 spricht sie offen darüber, wie sie mit Falschinformationen groß geworden ist („being in a place where there are lies everywhere“).
- Shang-Chi kommt heute auf Disney+ und Hauptdarsteller Simu Liu hat einen lustigen Tweet dazu verfasst.
- Marvel Comics lässt die problematische Figur Dany Rand wörtlich sein Iron Fist-Kostüm an den Nagel hängen und erschafft einen komplett neue Version des Charakters.
- Gael Garcia Bernal (Science of Sleep) wurde für eine Marvel-Werwolf-Serie auf Disney plus gecastet.
- Erstes Bild zu Spider-Man im Marvel‘s Avengers Videospiel
- Neues The Boys Promo Video im Stil von amerikanischen rightwing Pundits
Superheld*innen-Contenthaufen
Diese Woche hat mal wieder gezeigt: Wenn wir lang genug über Popkultur-Krams reden, dann redet der Popkultur-Krams mit uns. Ein Artikel mit der sehr guten Zwischenüberschrift „Does Nightwing’s [ehemals Robin] Perfect Butt Have a Purpose?“ wurde von Nightwing-Zeichnerin Nicola Scott mit der Anmerkung „To bring joy to the world!“ retweetet. Außerdem hat sich eine Frau auf Twitter positiv zum neuen Eternalsfilm geäußert und wurde direkt von unangenehmen Incel-Accounts in den Kommentaren angeschrien. Was diese Dudebros, die sich unter anderem mit Deadpool-Avataren schmückten nicht wussten: Bei der Frau handelt es sich um Gail Simone, Autorin von einer sehr guten Batgirl-Comicreihe und … Deadpool. Daraus geworden ist dieser wunderschöne Tweet:
Toll fand ich diese Woche auch einen Artikel auf Black Girl Nerds, den ich inzwischen drei mal gelesen habe. Maya Golden spricht über Guardians of The Galaxy Vol. 2 und wie sie sich als Opfer sexuellen Missbrauchs mit der Figur Rocket identifiziert:
„There it was. My jaw clenched. My eyes brimmed with tears. I felt silly. Then I understood. Rocket had never asked for the pain he endured earlier in his life and neither had I, just like millions of other survivors of childhood sexual abuse. The person I was in the wake of the sexual trauma, the woman I grew to be, was just as lost, hurt, angry and filled with self-hatred, like Rocket.“
Comics, Comics, Comics
Diese Woche gab es auch ein paar Comics, die sich gut als Einstieg eignen:
Venom #1
Relativ pünktlich zum Filmrelease von Venom gibt es einen guten Comiceinstieg für Interessierte. Das erste Heft ist vielversprechend und stellt die Beziehung von Protagonist Eddie Brock und dem mit ihm verbundenen Alien in den Vordergrund.
Robin & Batman #1
Über den Autoren Jeff Lemire hab ich schon häufiger hier geschrieben; vor allem über seine Indiecomicreihe Black Hammer und das zugehörige Hammerverse. Zwischendurch arbeitet er aber auch ab und an für Marvel und DC. In Robin & Batman erzählt er mit Zeichner Dustin Nguyen die Entsehungsgeschichte von Robin. Dabei bestätigen sie meine bisherige Vermutung: Batman ist ein Psychopath, der keine Kinder großziehen sollte.
Titans United #3
Ich mochte, trotz einiger Schwachstellen, die Realfilmserie Titans sehr gern. Wem es ähnlich geht, der*dem sei diese Reihe ans Herz gelegt, die einen ähnlichen Ton anschlägt. Dort zu sehen ist auch der gerade erwähnte Robin, wie er sich mittlerweile entwickelt hat: Zu Nightwing mit einem eigenen Team in San Francisco.
Fan Theory & Spoilerzone
Hier ist der Ort für Fan-Theorien, was teilweise recht spoilery werden kann. Wer nichts vorweggenommen haben möchte und/oder nicht auf dem neusten Stand mit seiner*ihrer aktuellen Superheld*innenserie oder -film ist, der*die möge bitte nicht weiterscrollen.
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Ich hab schon zweimal die Vermutung angestellt, dass Drax vermutlich in Guardians of the Galaxy Vol. 3 sterben wird. Unter anderem weil der Regisseur angekündigt hat, dass jemand den dritten Film nicht überleben wird, aber auch weil jemand herausgefunden haben soll, dass der Vertrag von Schauspieler Dave Bautista ausläuft. Nun hat sich genau dieser Schauspieler folgendermaßen in einem Interview mit ABC über seine neue Rolle in Dune geäußert: “I’m not just a guy in Guardians walking around shirtless and saying stupid shit.“ Das klingt nicht nach jemandem, der ein Interesse daran hat, möglichst lange mit Marvel zusammenzuarbeiten.