Superqueeroes Teil 2. Sieben heteropassing Film-Held*innen, die in den Comics queer sind
Willkommen bei Fan Theory of Everything, einem Newsletter über die aktuelle Woche in Superheld*innendebatten, -gossip und Comics. Mal funny-haha, mal funny-merkwürdig, mal beides. Es ist ein Versuch, eine Schneise durch das dicht verflochtene Gestrüpp zu schlagen, das über 90 Jahre Superheld*innengeschichte hervorgebracht haben.
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Man stelle sich vor, ein Publikum von mehreren Millionen Zuschauer*innen gleichzeitig bei Laune zu halten. Die Schwierigkeit: Zum Publikum gehören sowohl queere Menschen und BiPOC als auch homophobe, rassistische Arschlöcher, die die erstere Gruppe am liebsten vollständig ignorieren würde. In dieser Situation befinden sich aktuell Mainstream-Popkultur-Studios wie Marvel, Warner Bros und Disney. Damit lässt sich sicherlich nicht fehlende Repräsentation in Superheld*innen-Filmen entschuldigen, aber das ist die Realität von jedem Unternehmen, das Aktionär*innen und Vorstandsmitglieder zufriedenstellen muss.
Schaut man sich die Geschichte der Superheld*innen an, könnte man fast meinen, dass Queerness in den Comics erst dann Raum bekommen hat, als deutlich wurde, dass man mit Superheld*innenkino deutlich mehr Geld verdienen kann. 1978 nimmt der Superman-Film knapp 300 Millionen ein; Batman nahm 1966 noch etwa ein Hundertstel davon ein. 1979 hat der schwule Marvel-Superheld Northstar seinen ersten Auftritt in den Comics (Miterfinder John Byrne verrät später, dass auch wenn Northstar erst 1992 sein offizielles Coming Out hat, er schon von Anfang an als schwul entwickelt wurde.) Letzteres mag auch mit der Lockerung und schließlich Abschaffung des Comic Code zusammenhängen, der die Erwähnung von Homosexualität weitestgehend untersagt hat, aber bis heute ist auffällig, wie wenig queere Repräsentation es in Blockbuster-Filmen gibt und wie viel im Vergleich dazu in den Comics zu finden ist. Das geht so weit, dass die Sexualität mancher schwuler und lesbischer Comic-Superheld*innen in den Filmen unerwähnt bleibt oder diese sogar als hetero geschrieben werden. Hier sind ein paar Beispiele:
Catwoman
Nach einer frustrierenden Menge Queercoding sah man Selina Kyle aka Catwoman 2015 in Catwoman #39 zum ersten mal eine bisher unbekannte Frau mit dem Namen Eiko Hasigawa küssen. “This also isn’t a throwaway“, erzählte Autorin Genevieve Valentine damals über Eiko, die ironischerweise schon seit einer Weile nicht mehr aufgetaucht ist. In der aktuellen Catwoman-Reihe kommt Selina der ebenfalls kanonisch bisexuellen Harley Quinn körperlich nahe. Am Ende beherrschen sich beide allerdings zugunsten ihrer aktuellen Beziehungen (Harley mit Poison Ivy, Catwoman mit Batman).
In den Filmen wird dieser Aspekt von Catwoman vollständig unterschlagen; auch nach ihrem Coming Out in den Comics. Während Selinas Bisexualität in The Dark Knight Rises einfach keine Rolle spielt, tigert der aktuelle The Batman mit fast schmerzhaft offensichtlichen Andeutungen um eine eindeutige Aussage herum. Catwoman lebt in dem Film mit ihrer Freundin Anika zusammen, die sie „Baby“ nennt. Direkt darauf angesprochen, greift Regisseur Matt Reeves in einem Interview tief in die Bullshitkiste als er von “tremendous and deep caring“ der zwei Figuren spricht.
Wiccan, Speed und America Chavez
Bereits im letzten Newsletter schrieb ich von dem schwulen Powercouple Billy und Teddy, die einen wichtigen Teil der Young Avengers ausmachen. In der gleichnamigen Comicreihe von 2013 outen sich außerdem Billys Bruder Tommy aka Speed als bi und America Chavez als lesbisch. „Yeah I went with a boy on my first team, but I was just experimenting", sagt sie belustigt an einer Stelle.
Marvel Studios hat sich, was die Filmadaption von Billy, Tommy und America angeht (Teddy ist bisher noch nicht im MCU aufgetaucht), eine vergleichsweise neue Möglichkeit einfallen lassen, um ihre teils homophobe Fanbase nicht zu verärgern: Alle drei sind sehr jung und ihre Sexualität demnach noch kein Thema. Billy und Tommy sind in WandaVision noch Kinder … und möglicherweise nicht real. America, die Leser*innen der Comics noch nie jünger als 18/19 gesehen haben, taucht in Doctor Strange in the Multiverse of Madness als maximal 14 auf. Der Trostpreis für alle, die sich auf queere Repräsentation gefreut haben: America trägt einen Regebogen-Button und darf 12 Sekunden (!!) von ihren zwei Müttern erzählen.
Iceman, Peter Quill und Poison Ivy
Es gibt wenige Gründe, die entschuldigen, wieso eine LGBTQIA+-Figur in einer Filmadaption als heterosexuell präsentiert wird. Eine der wenigen Ausnahmen: Den Macher*innen war die Queerness der Charaktere schlichtweg nicht bewusst. Sowohl Marvels Iceman und Peter Quill aka Star Lord als auch DCs Poison Ivy sind kanonisch queer, hatten aber erst nach Drehende einiger Projekte ein offizielles Coming Out in den Comics. Icemans großer Moment kam 2015, 15 Jahre nach dem ersten X-Men-Film, in dem er noch mit Rogue knutschte. Dass Peter Quill einmal Teil eines polyamoren bisexuellen Throuples sein wird, ahnte man erst 2020. Und Poison Ivy, die sich in der aktuellen Trickserie Harley Quinn in einer festen Beziehung mit der Titelheldin befindet, hat man seit Batman & Robin von 1997 nicht mehr auf dem Big Screen gesehen.
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