Superheld*innen-Kino ist in einer Findungsphase
Willkommen bei Fan Theory of Everything, einem Newsletter über die aktuelle Woche in Superheld*innendebatten, -gossip und Comics. Mal funny-haha, mal funny-merkwürdig, mal beides. Es ist ein Versuch, eine Schneise durch das dicht verflochtene Gestrüpp zu schlagen, das über 90 Jahre Superheld*innengeschichte hervorgebracht haben.
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„Wer spielt aktuell Batman?“, fragte mich eine Freundin kürzlich. „Robert Pattinson, der Vampir aus Twilight“, entgegnete ich. Sie war irritiert. „Was ist mit Ben Affleck?“ „Der will nicht mehr. Seine Batman-Rolle hat Micheal Keaton übernommen.“ „Nicht Pattinson?“ „Nein.”
Superheld*innen-Kino war schon immer verwirrend. Aber aktuell scheint es kaum durchdringbar. Ich glaube, das hat etwas damit zu tun, dass das Genre in einer Findungsphase ist, in der es noch nicht so recht weiß, in welche Richtung es gehen soll. Testweise wird deswegen alles an die Wand geworfen, um zu schauen, was hängen bleibt.
Schon seit einer Weile wird im Marvel Cinematic Universe die Koexistenz unterschiedlicher Realitäten etabliert. Es gibt mehrere Varianten der gleichen Figur, Cameos von schon fast vergessenen Charakteren aus den Nullerjahren und die permanente Drohung eines zusammenbrechenden Multiversums. Jetzt wurde außerdem bekannt gegeben, dass die ursprünglich für Netflix produzierten Serien Jessica Jones, Daredevil, Luke Cage, Iron Fist und Defenders zukünftig auf Disney+ ausgestrahlt werden. Dass diese Charaktere Teil des Marvel Cinematic Univere werden, ist deswegen nicht unwahrscheinlich. Die dort angestimmte düstere Stimmung passt auch zu dem diesen Monat erscheinenden Moon Knight (Marvel Studio Chef Kevin Feige scheint regelrecht stolz darauf zu sein, wie „brutal“ die Serie ist) und dem neusten Doctor Strange-Film, der „erste Marvel Horrorfilm“. Gleichzeitig sind aber auch Thor: Love and Thunder und Guardians of the Galaxy Vol. 3 für dieses Jahr angekündigt, die vermutlich wieder den gewohnt spaßig-komödiantischen Ton einschlagen. Marvel scheint eine möglichst große Bandbreite an Inhalten bieten zu wollen, für unterschiedliche Zielgruppen, alles zur selben Zeit, alles im selben Universum.
Warner Bros/DC plant währenddessen offensichtlich ebenfalls ein Großevent, das mehrere Filmuniversen zusammenlaufen lässt. Im neuen The Flash-Film tauchen Ezra Miller als Flash aus Batman v Superman und Justice League sowie Michael Keaton als Batman aus dem gleichnamigen Film von 1989 auf. Keaton wird außerdem Teil des Batgirl-Films sein. Peacemaker und The Suicide Squad gehören auch zu dieser Realität.
Vollkommen unabhängig davon kreiert Warner Bros/DC allerdings noch ein weiteres Batman-Universum, das bisher nichts mit Keaton und Miller zu tun hat. Der gestern erschienene The Batman-Film mit Robert Pattinson zeigt ein vergleichsweise düsteres, brutales Gotham mit in do-it-youself-Fetishwear gekleideten Figuren und natürlich mit viel rotem Licht. Eine Spin-Off Serie mit Colin Farell als Penguin ist bereits geplant.
Es scheint so als würden beide Filmstudios aktuell einen Spagat zwischen düster und bunt wagen, um ihre Langzeitfans weiterhin an sich zu binden und gleichzeitig neue Zielgruppen zu erreichen. Während Marvel zumindest versucht, alles zusammenzufädeln, lässt Warner Bros/DC mehrere Spielfilm-Realitäten parallel laufen. Beides ist allein aufgrund der Fülle extrem verwirrend und wirkt teils so, als wüsste niemand so recht wie Superheld*innenfilme in Zukunft aussehen werden. Das Genre ist aktuell in einer Findungsphase. Und bis die großen Studios sich darauf festgelegt haben, was und wie sie eigentlich erzählen möchten, wird einfach alles gleichzeitig gemacht. Wir können uns auf ein tonales Chaos gefasst machen, das zunehmend undurchschaubar wird, aber vielleicht gerade deshalb Spaß macht. Ich hoffe wir, sehen Howard the Duck mit Moon Knight interagieren.
Andere Superheld*innen-Nachrichten diese Woche:
Neuer Trailer zu Morbius
Superheld*innen-Serie The Guardians of Justice startet auf Netflix.
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Neues Moon Knight-Poster zeigt Mr. Knight.
Gerüchte darüber, dass Scrubs-Schauspieler Donald Faison in Legends of Tomorrow die Rolle von Booster Gold übernimmt
Ein Casting-Aufruf deutet darauf hin, dass die Serie Echo im April mit den Dreharbeiten beginnt.
Superheld*innen in Netz
The Batman ist gestern erschienen. Und schon im Vorfeld hat das Internet mit mit Inbrunst darauf reagiert. Manche schrieben auf Twitter lustige Fake-Reviews, bevor der Film überhaupt erschienen ist, Google hat ein Batman-Easteregg auf ihrer Webseite versteckt, irgendwer hat ein Tool erstellt, das Wörter in der The Batman-Schriftart erscheinen lässt und überall zirkulierte eine LEGO-Version des offiziellen The Batman-Posters, das DC wohl selbst herausgegeben hat.
Dabei etwas untergegangen ist die erneute Diskussion über Whitewashing bei Funko Pops. Der Spielzeughersteller ist bekannt für seine Plastikfiguren mit den riesigen Köpfen und den schwarzen Knopfaugen und wird des Öfteren dafür kritisiert, die Hautfarben dieser Sammelobjekte nicht richtig abzubilden. Die Plastik-Umsetzung mehrerer BiPOCs aus der Serie The 100 bekamen einen deutlich helleren Teint als ihre Vorbilder. Bei den Teen Wolf-Funk Pops passierte ähnliches. Neu entfacht hat die Debatte nun eine Funko Pop zu America Chavez, einer Superheldin, die im neuen Doctor Strange-Film eine große Rolle spielen wird. Aber seht selbst:
Comics, Comics, Comics
Strange #1
Nach dem The Death of Doctor Strange-Event, in dem Stephen Strange erst stirbt, dann kurzfristig zum Leben erweckt wird und dann wieder stirbt, übernimmt seine Frau Clea nun seinen Namen und seine Rolle als Sourcerer Supreme. Ihr Ziel: Ihren Mann erneut zum Leben erwecken. Das Comic ist auffällig mittelmäßig geschrieben, ist aber aufgrund von wundervoll absurden Szenen mit Bats, einem untoten Hund, und einem Besuch auf dem Goblinmarkt trotzdem lesenswert.
Monkey Prince #2
Im Juli letzten Jahres erschien DC Festival of Heroes: The Asian Superhero Celebration, ein Heft, das neue asiatisch-amerikanische Figuren eingeführt hat. Darunter auch Marcus Sun aka Monkey Prince, ein Halbgott-Antiheld mit deutlichem Bezug auf chinesische Mythologie. In Monkey Prince bekommt er nun eine eigene Originstory. Großgezogen von Wissenschaftler*innen, die ungünstiger Weise für einen Bösewicht arbeiten, sieht er eines Tages Batman dabei zu, wie dieser auf seine Adoptiveltern einprügelt. Später leidet er deswegen unter Angstzuständen und zieht die Aufmerksamkeit von Mobbern auf sich. Als er bemerkt, dass er der Sohn eines Affenkönig-Gottes ist und über Superkräfte verfügt, schwört er Rache.
What if … Miles Morales #1
Eventuell hat der ein oder andere schon von der Trickserie What If auf Disney+ gehört. Jede Folge basiert auf einer Was-wäre-wenn-Frage (beispielswiese: “Was wäre wenn eine Zombie-Apokalypse im MCU ausgebrochen wäre”). Marvel Comics veröffentlichen solche Geschichten allerdings schon seit den Siebzigerjahren. Diese neue Reihe widmet sich ganz Miles Morales, der 2011 zunächst nur in einem Paralleluniversum Spider-Mans Rolle übernahm. Im ersten Heft geht es um die Frage, was wäre gewesen, wenn Miles Captain America geworden wäre, das zweite handelt von Miles als Wolverine.