Sind Batnippel ein Männlichkeitsideal?
Willkommen bei Fan Theory of Everything, einem Newsletter über die aktuelle Woche in Superheld*innendebatten, -gossip und Comics. Mal funny-haha, mal funny-merkwürdig, mal beides. Es ist ein Versuch, eine Schneise durch das dicht verflochtene Gestrüpp zu schlagen, das über 90 Jahre Superheld*innengeschichte hervorgebracht haben.
Unterstützen könnt ihr meine Arbeit mit einem Abo und/ oder mit 1 € Trinkgeld auf Kofi.
Es ist schon ein wenig her, aber irgendwann schrieb ich: Superheld*innen-Medien werden immer sowohl archetypische Genderstereotypen als auch das Bedürfnis nach queerem, schrillem Camp bedienen; dass es unterschiedliche Formen von Fans gibt, ist also nicht verwunderlich.
Und auch wenn ich meine Aufmerksamkeit gerne auf die spaßig-bunten Aspekte lenke, lassen sich die teils veralteten Geschlechterbilder nie wirklich ignorieren. Aktuell schreibe ich an einem Text über Männlichkeit bei Batman. Primär darüber, wie der Charakter im Laufe der Filmgeschichte von einer paternalistischen Heldenfigur mit Dadbod in den Sechzigerjahren zu einem stillschweigenden Einzelkämpfer mit Militärausrüstung wurde. An Mainstreamkulturen wie dieser lässt sich sehr gut ablesen, welche Ideale aktuell dominieren und nach dem Schauen von The Batman habe ich das Gefühl, aktuell herrscht immer noch das Ideal vom einsamen Genie vor, das in seiner (wortwörtlichen) Männerhöhle viel zu viel über Serienmörder*innen nachdenkt. Man hat sich viel Mühe gegeben, ab und an das Ganze mit kritischen Anmerkungen ambivalenter zu gestalten, aber die über die Jahre verfestigte Vorstellung von einem düster dreinschauenden Batman (mit Nippelrüstung oder ohne) sind immer noch da. Vor zwei Wochen äußerten sich einige Moon Knight-Fans auf Twitter und Tiktok verärgert darüber, dass manche Figuren in der Serie sehr vom Original abweichen. Die Wut war dann besonders groß, wenn souveräne, besonnene Comicfiguren wie Steven Grant für die Serie zu unbeholfenen, schüchternen und quasselnden Nerds umgeschrieben wurden. Offensichtlich entsprach der neue Steven nicht mehr den Männlichkeitsansprüchen mancher Zuschauer*innen.
Ich werde mir vermutlich immer mal wieder Gedanken darüber machen, wie Superheld*innen Geschlechterrollen beeinflussen und wiedergeben. Das gehört zur Analyse des Genres dazu. Durch seinen Erfolg im Kino wächst auch dessen Einfluss. Die Popularität dieser Filme hat aber auch ein größeres, teils heterogeneres Publikum zur Folge, was wiederrum bedeuten könnte, dass sich mehr unterschiedliche Stimmen melden. Mainstream ist nicht sonderlich bekannt für Subversion, aber meine Hoffnung ist, dass das Superheld*innen-Format mit wachsender Zuschauer*innenzahl auch inhaltlich wächst und sich thematisch früher oder später kritisch mit seinen Geschlechteridealen auseinandersetzt. Marvel Studios rücken ihre weiblichen Charaktere zumindest schon deutlicher in den Mittelpunkt als noch vor zehn Jahren. Für den Pride Month Juni ist die erste Solocomicreihe über eine trans Superheldin geplant. Und eventuell bekommen wir ja irgendwann nonbinary Superheld*innen, die keine absolute Katastrophe sind. Wer sich ärgern möchte, kann „Snowflake” und „Safespace” googeln, allen anderen rate ich davon ab.
Andere Superheld*innen-Nachrichten diese Woche:
Neues Poster für Ms Marvel
Spider-Man: Across the Spider-Verse-Erscheinung auf 2023 verschoben
Die Verkaufsseite einer offiziellen Helm-Replica zu Thor Love and Thunder spoilert Aspekt von Jane Foster im Film.
Neuer Funko Pop zu Thors „Goat Boat”
Neuer TV-Werbespot für Doctor Strange in the Multiverse of Madness
Zwei neue Poster für Thor. Love and Thunder
Fornite bekommt Moon Knight-Skins
KJ Apa und Isabel May für Wonder Twins gecastet
Trailer zur zweiten Staffel von Superman & Lois
Superheld*innen im Netz
Endlich. Nachdem einige Fans so lange auf den Trailer für Thor. Love and Thunder gewartet haben, dass daraus ein Running-Gag wurde, ist nun der erste Teaser erschienen. Das Feedback scheint fast ausschließlich positiv zu sein. Viele lobten das intensive Coloring, dass bei Eternals zuletzt ein wenig zu kurz kam. Der Film erinnert wie schon der Vorgänger Thor:Ragnarok an achtziger Klassiker wie Flash Gordon und Master of the Universe. Thors neuer Lederjackenlook ist direkt von einem Thunder Strike-Cover von 1988 und musikalisch untermalt ist der Teaser mit Sweet Child o’ Mine von Guns’n’Roses aus dem selben Jahr.
Vielen fiel auf, dass der Film ein Panel aus Aarons/Ribics Thor: God of Thunder von 2012 direkt übernimmt. Und während das die meisten begrüßten, stieß das auch die bereits mehrfach geführte Diskussion über faire Vergütung von Comicillustrator*innen an. Zuletzt ärgerte sich Hawkeye-Zeichner David Aja öffentlich darüber, dass die Realverfilmung der Serie sich deutlich von seinem Artwork inspiriert hat lassen, ohne dass er dafür bezahlt worden wäre. Die Promo für die Ms. Marvel-Serie deutet jetzt schon darauf hin, dass sie einzelne Comicpanels und Cover direkt übernehmen wird. Ich bin gespannt, wie sich die Debatte entwickelt, zumal weder Marvel Studios noch Marvel Comics sich dazu geäußert haben.
Nicht so richtig verstanden habe ich den mehrfach gelesenen Einwand, Thor: God of Thunder enhalte keine richtige Cinematographie, weil die Bilder weitestgehend digital angefertigt wurden. Ohne eine genaue Definition von Cinematographie nachzuschlagen, habe ich das Gefühl, hier handelt es sich mal wieder um eine sehr künstliche Trennung zwischen Highbrow und Lowbrow. Unter dem Schlussstrich ist es mir aber auch herzlich egal.
Comics, Comics, Comics
Batman/Superman: World’s Finest #2
Normalerweise interessiere ich mich wenig für klassische Team-Ups mit Batman und Superman. Aber zwei Dinge haben mich doch davon überzeugt, die Reihe anzulesen. Autor Mark Waid und Illustrator Dan Mora wissen beide, wie man Superheld*innen-Geschichten möglichst spaßig macht. Außerdem taucht in diesem Heft Doom Patrol auf; ein Team, zu dem ich mir seit einer ganzen Weile eine eigene Comicreihe wünsche. Aber solange die noch nicht erschienen ist, nehme ich, was ich kriegen kann. Ich habe es nicht bereut Batman/Superman: World’s Finest angefangen zu haben. Die Reihe ist bunt, überdreht und überladen auf die bestmögliche Art und Weise. Und solange ich Poison Ivy dabei zusehen kann, wie sie Gebäude mit Pflanzen umwickelt, bleibe ich dabei.
Blue & Gold #8
Blue Beetle und Booster Gold sind wahnsinnig anstrengend. Aber das sollen sie auch sein. Die leicht narzisstischen Influencer-Superhelden suchen Crowdfunding und streamen deswegen fast pausenlos ihre Abenteuer. Noch haben sie nicht bemerkt, dass es sie tatsächlich von ihrem Job abhält, permanent um die Gunst eines Publikums zu buhlen, aber ich gebe ihnen noch zwei Hefte. Die Erzählweise der neusten Ausgabe wirkt ein wenig motivationslos. Solange ich nicht aus irgendwelchen Gründen wieder dazustoße, lasse ich die Reihe vorerst sein.
Spider-Gwen: Gwenverse #2
Es ist unklar, für wen die Gwenverse-Reihe eigentlich geschrieben wurde. Sicher ist Gwen Stacey, Spider-Mans Ex-Freundin und eine von vielen Spider-Women ein gern gesehener Charakter, aber man fragt sich schon, wer die Zielgruppe für eine durchs Multiverse reisende Figur ist, die andere Versionen von sich selbst trifft. Wie sich herausstellt: Ich. Spätestens seit Thorgwen und Spider-Gwen sich während einer Autofahrt über Frauendarstellungen ärgern, bin ich vollständig überzeugt und freue mich sehr auf Heft #3.