Hat Doctor Strange Spoiler kaputt gemacht?
Willkommen bei Fan Theory of Everything, einem Newsletter über die aktuelle Woche in Superheld*innendebatten, -gossip und Comics. Mal funny-haha, mal funny-merkwürdig, mal beides. Es ist ein Versuch, eine Schneise durch das dicht verflochtene Gestrüpp zu schlagen, das über 90 Jahre Superheld*innengeschichte hervorgebracht haben.
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Der neue Marvelfilm Doctor Strange in the Multiverse of Madness scheint bei Metacritic-Seiten eher mittelmäßig abzuschneiden. Je nachdem welche Rezension man liest, ist Sam Raimis neustes Werk „visually imaginative but underwhelming” oder hat „genuinely surprising guest spots”. Solche Uneinigkeiten über Mainstreamkino gehören dazu. Neu ist aber, dass die Fangemeinde jetzt einen Schuldigen ausgemacht hat: Spoiler, also Informationen, die wesentliche Twists verraten, bevor jemand den Film/die Serie/das Buch gesehen oder gelesen hat. (Ich denke, Leser*innen dieses Newsletters muss ich eigentlich nicht erklären, was das genau ist.) „I loved this movie. And I think a huge reason I did is because I don‘t watch trailers“, sagt Tiktokerin @fantasticfrankey über Doctor Strange 2. Im Netz scheint die Meinung vorzuherrschen, dass im Marketing so viel vom Film verraten wurde, dass Zuschauer*innen zuviel erwartet haben.
Die Debatte darüber, ob Spoiler die Freude an etwas mindern oder sogar steigern, ist eigentlich uralt. Eine Anekdote besagt, Alfred Hitchcock habe einige Ausgaben der Buchvorlage von Psycho gekauft, damit potentielle Zuschauer*innen sie nicht vor seinem Film lesen. Ob das so stimmt ist umstritten, wird aber gerne wiederholt. Ein entscheidender Twist von Star Wars The Empire Strikes Back wurde beim Dreh selbst dem Cast gegenüber geheim gehalten, weil man der Meinung war, die Freude daran wäre geringer, wenn irgendwer davon wüsste. Mehrere Studien besagen, dass Spoiler das Sehvergnügen sogar steigern können, weil daraus eine Art Vorfreude resultiert. Zwei davon sind Story Spoilers Don’t Spoil Stories und Spoilers Go Bump in the Night. Letztere wurde spezifisch zu Horrorfilmen erstellt.
Was mich an der Doctor Strange 2-Debatte wundert, ist, wie das Fandom recht plötzlich eine Anti-Spoiler-Haltung entwickelt hat. Bisher habe ich angenommen, dass die Community sich auf jede noch so kleine Information zu neuen Produktionen stürzt. Es gibt mehrere erfolgreich laufende Leaks- und Gerüchteseiten. Menschen verdienen ihr Geld teilweise mit sogenannten Scoops; Details zu Serien- und Filminhalten, die bisher nur intern bekannt sind. Letztes Jahr wurde ein Foto von einem Regiestuhl auf dem Ant-Man 3-Set gepostet und die Fangemeide ist förmlich ausgerastet, weil der Aufdruck merkwürdig aussah. Man kann durchaus von einer spielerischen Schlacht zwischen Community und dem Studio sprechen, bei der sich einige Menschen das Privileg erkämpft haben, sich selbst zu spoilern.
Es bleibt abzuwarten, ob sich das nun alles ändert. Ich bezweifle das noch stark. In einem Instagram-Post hat Guardians of The Galaxy-Schauspieler Dave Bautista nach Drehende von „End of a journey“ gesprochen und es gibt bereits jetzt mehrere längere Artikel darüber, was das für die Figur Drax heißen könnte. Spoiler sind und werden vermutlich immer Teil des Superheld*innenfandoms sein. Persönlich weiß ich selbst noch nicht, was ich davon halten soll. Inzwischen habe ich mich damit arrangiert, dass ich die neusten Inhalte entweder möglichst schnell konsumieren oder den ein oder anderen Spoiler ertragen muss.
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Comics, Comics, Comics
Dark Crisis: Special Edition #0
Die Justice League ist tot. Nach den Ereignissen von Justice League #75 ist Dark Crisis #0 nun eine Art Verabschiedung von den Superheld*innen, die vorerst nicht mehr Teil des DC Universums sein werden. Recht offen stellt man sich die Frage, wer in ihre Fußstapfen treten wird und die Welt zukünftig vor der zerstörerischen Bedrohung rettet.
Das Comic erschien letzten Samstag im Rahmen des US-amerikanischen Free Comic Book Day. Das deutsche Äquivalent findet morgen, am 14.05., statt. Ob ihr euch bei eurem Comicladen gratis Hefte abholen dürft, könnt ihr hier nachschauen: gratiscomictag.de
Jurassic League #1
Schon vor Release ging Jurassic League im Netz viral. Grund hierfür waren die merkwürdige Grundidee Dinosaurier als Superheld*innen zu verkleiden und Juan Gedeons beeindruckendes Artwork. Bat Walker, Wonderdon und Supersaur schützen Steinzeitmenschen vor Raubtieren und Dinobösewichten. Die Ernsthaftigkeit, mit der hier der größte Quatsch vorgetragen wird, macht es sehr, sehr lustig.
Moon Knight: Black, White & Blood #1
Mehrfach überrascht hat mich diese Kurzgeschichtensammlung zu Moon Knight. Eher negativ überrascht war ich von Hickmans/Bachalos Erzählung, der man nur schwer folgen kann, was durch die schwarz/weiß Illustrationen und vollkommen sinnfreie Hieroglyphen noch unterstrichen wird. Positiv überrascht war ich von Guggenheim und Fornés, die aus den Farben schwarz, weiß und rot eine spaßige Crossoverhandlung mit Spider-Man und Moon Knight gemacht haben.